Familienbesteuerung liegt im Trend. Seit Jahren versucht man, ein adäquates System zu finden, um der besonderen und unterstützungswürdigen Situation von Familien im Steuerrecht gerecht zu werden. Dabei gibt es mannigfache Zielkonflikte, wenn und solange man am herkömmlichen, zivilstandsorientierten Steuerrecht festhalten will. Man muss dann immer auch die «unvollständigen» Familien mit einbeziehen. Der Wandel der gesellschaftlichen Realität, wonach bald nicht mehr die klassische Familie mit verheirateten Eltern und gemeinsamen Kindern, sondern die Patchwork-Familie zum Normalfall wird, stellt für das System eine grosse Herausforderung dar. So spielt etwa die sog. Heiratsstrafe eine Rolle. Im Bund und im Grundsatz auch in verschiedenen Kantonen führt die Heirat und die dadurch bedingte Zusammenrechnung der Faktoren bei Doppelverdienern zu einer Erhöhung der Steuern gegenüber einer Individualbesteuerung der Konkubinatspartner. Zwar haben die Kantone durch vielfältige Massnahmen, durch Kombinationen von Tarifen und Sozialabzügen, durch ausgeklügelte Splitting- und Teilsplitting-Tarife das Ärgernis teilweise beseitigen können. Der Bund hat durch die Gewährung von höheren Doppelverdienerabzügen1 und durch Gewährung eines einfachen Verheiratetenabzuges2 diese Situation zu entschärfen versucht; die Herstellung absoluter Gerechtigkeit wird in diesem Bereich aber nie gelingen.
Das Steuerrecht ist aber auch ein Tummelfeld für die Verwirklichung politischer und wahltaktischer Ziele. Steuerabzüge scheinen sich zur Belohnung für alle möglichen guten Taten zu eignen: zur Belohnung für umweltgerechtes Verhalten, für ökologisches Sanieren3, für sinnvolle Vorsorge4, für Weiterbildungsaktivitäten, für Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen und Parteien5 oder für zielgerichtetes Sparen6. Allen diesen Abzügen ist eigen, dass sie nicht nur den konkreten Zweck begünstigen, sondern dass sie auch Seiteneffekte haben. So hat ein Abzug vom steuerbaren Einkommen Progressionseffekte; wer ein geringes Einkommen hat, wird frankenmässig nur gering entlastet, bei hohen Einkommen resultiert eine vergleichsweise hohe Entlastung. Die Suche nach der richtigen Methode der Familienbesteuerung ist deshalb ein verzweifelter Kampf gegen Zielkonflikte.
Als neuestes Element kennt man in der direkten Bundessteuer seit dem 1.1.2011 den sog. Elterntarif, d.h. die Gewährung eines Rabattes von CHF 250 pro Kind an jene Personen, die – weil sie mit Kindern zusammenleben – den Verheiratetentarif beanspruchen können.
So bestechend diese neue Idee auf den ersten Blick scheint, so problematisch ist sie dort, wo gar keine oder eine niedrigere Einkommenssteuer zu bezahlen ist und der Abzug faktisch ins Leere greift. Eine Familie mit beispielsweise zwei Kindern benötigt ein Netto-Einkommen von rund CHF 85 000, um nach den Abzügen vom Einkommen noch ein steuerbares Einkommen von rund CHF 62 000 auszuweisen, das eine Bundessteuer von CHF 500 nach sich ziehen würde, welche dann durch den Rabatt kompensiert würde. Ausserdem ist der neue Abzug in der Administration aufwendig.7