Ziel der Revision des Sanierungsrechts war die Flexibilisierung des Verfahrens und die Herabsetzung der Schwelle für die Gewährung einer Nachlassstundung. Jeder definitiven Nachlassstundung geht heute eine provisorische Phase voraus, die in der Regel zwei Monate (maximal vier Monate) dauert und innert welcher Zeit die Grundlagen für die Beurteilung der Sanierungsmöglichkeiten und der Sanierungschancen zusammengetragen werden können, die früher bereits bei der Gewährung hatten vorliegen müssen. Die Praxis zeigt in kleineren Verfahren, dass das Nachlassstundungsgesuch vielfach erst an der Konkursverhandlung gestellt wird und dann mehr oder weniger ungenügend bis überhaupt nicht dokumentiert ist. Vielfach wird (unberechtigterweise) das Begehren dann aber gar nicht behandelt und auch nicht formell abgewiesen, sondern einfach der Konkurs eröffnet. Das ist mitunter juristisch falsch, da der Konkursrichter verpflichtet ist, das Begehren zu behandeln (und dies nach den herabgesetzten Bedingungen). Das ist für den nachlasswilligen und nachlasswürdigen Schuldner bisweilen auch gefährlich, denn vor der Rekursinstanz kann dann in diesem Fall kein Nachlassstundungsgesuch mehr gestellt werden, auch wenn in dieser Rechtsmittelfrist genügend Zeit für die Vorbereitung und Dokumentierung des Gesuchs zur Verfügung stünde.
In diesem Zusammenhang kann nie genug wiederholt werden, dass eine Sanierung umso erfolgreicher sein kann, je früher und zielgerichteter darauf hingearbeitet wird. In diesem Kontext ist es wesentlich einfacher und wirkungsvoller, die noch vorhandenen flüssigen Mittel beharrlich für Sanierungsbeiträge aufzusparen, als während Monaten in irgendwelchen Feuerwehrübungen mit einzelnen Gläubigern zu stecken, nach dem Motto, wer am lautesten schreit, bekommt zuerst.
An das Nachlassstundungsgesuch sind nach dem revidierten Sanierungsrecht weniger hohe Anforderungen zu stellen als bisher. Die Bewilligung der provisorischen Stundung soll einfach und rasch, im Gesetz steht sogar «unverzüglich» erwirkt werden können. Vom ursprünglichen Konzept der unmittelbaren Gläubigerschutzwirkung mit Einreichung des Nachlassstundungsgesuchs (analog Chapter 11 des amerikanischen Rechts) ist die Lehre gänzlich abgekommen. Die Schutzwirkungen für den Schuldner (aber auch für die Gläubiger – es ist ja die Rede von Gläubigerschutz) treten erst mit der Genehmigung des Gesuchs durch den Nachlassrichter ein.
Voraussetzung für die Gewährung einer Nachlassstundung ist – sinnvollerweise und auch wirtschaftlich begründet – die Sanierungsfähigkeit des Gesuchstellers oder der Gesuchstellerin. Zu deren Überprüfung sind verständlicherweise eine aktuelle Bilanz, eine Erfolgsrechnung und eine Liquiditätsplanung notwendig. Das Gericht muss die derzeitige und künftige Vermögens-, Ertrags- oder Einkommenslage des Schuldners sehen und beurteilen können. Zudem verlangt das Gesetz in Art. 293 SchKG einen provisorischen Sanierungsplan (so rudimentär der auch sein mag, er muss schlüssig und nachvollziehbar, aber auch finanzierbar sein). Lediglich in Ausnahmesituationen und bei einfachen oder dringlichen Fällen kann das Gesuch auch mündlich beim Gericht zu Protokoll gegeben werden (wie oben erwähnt allerdings vorteilhafterweise nicht erst in der Konkurseröffnungsverhandlung).
Der Schuldner muss in diesem Stadium nicht nachweisen, dass er insolvent ist. Es kann auch lediglich eine Insolvenz drohen. Von einer solchen drohenden Insolvenz in diesem Sinne ist auszugehen, wenn anzunehmen ist, dass dem Schuldner mittelfristig eine Insolvenz droht. Rechtsmissbräuchlichen Nachlassstundungsgesuchen ist trotzdem der Riegel geschoben.
Denkbar ist, dass im Falle einer schwer überbrückbaren Liquiditätskrise ein Stundungsgesuch gestellt wird, damit die Nichtpublikation der Stundung erwirkt werden kann (Art. 293c Abs. 2 SchKG – der absolute Ausnahmefall), und dass die Stundung, ohne dass sie je publik geworden wäre, schliesslich wieder aufgehoben werden kann. Solche Fälle sind denkbar, aber aufgrund der fehlenden Veröffentlichung eben gerade nicht bekannt. Diese Option kommt nur bei reinen Stundungsverfahren infrage, d.h., wenn relativ klar ist, dass keine Gläubigerinteressen tangiert werden.