Es war einmal ein florierendes schweizerisches KMU, die Königreich AG. Herr König ist seit langer Zeit deren Alleinaktionär. Zur Verlobung macht Herr König seiner Tochter Prinzessin im Jahr 2010 ein Geschenk: Sie kann den bisherigen Geschäftswagen von Herrn König von der Königreich AG zum Buchwert von CHF 20'000 kaufen. Der Verkehrswert beträgt CHF 45'000.
Und alle leben glücklich und zufrieden – bis Anfang 2014 ein MWST-Inspektor bei der Königreich AG eine Prüfung durchführt und wegen der Übertragung des Geschäftswagens im Jahr 2010 auf dem entgeltlosen Anteil eine Aufrechnung vornimmt. Gehen wir von 8 Prozent von CHF 25'000 und somit von CHF 2000 Zahllast plus Verzugszinsen aus. Unmittelbar nach Abschluss der MWST-Revision erhält die Königreich AG Post von der ESTV: Die unterpreisliche Überlassung des Geschäftswagens im Jahr 2010 stellt eine verrechnungssteuerlich relevante geldwerte Leistung dar, worauf 35 Prozent Verrechnungssteuer geschuldet sind. Aufgrund der Nachholung der Überwälzung beträgt die Verrechnungssteuerforderung CHF 8750. Hinzu kommt ein Verzugszins von rund CHF 1250. Insgesamt verursacht die Verrechnungssteuer somit eine Zahllast von CHF 10'000. Fast zeitgleich mit dem Erhalt der Verrechnungssteuerrechnung teilt die zuständige kantonale Steuerverwaltung der Königreich AG mit, dass sie im Rahmen eines Nachsteuerverfahrens für die Steuerperiode 2010 eine Gewinnaufrechnung von CHF 25'000 vornimmt. Bei Annahme eines effektiven Gewinnsteuersatzes von 20 Prozent ergibt sich eine Zahllast von CHF 5000 plus Verzugszins. Zudem wird im Rahmen eines Strafsteuerverfahrens aufgrund der vollzogenen Hinterziehung der einfache Betrag der hinterzogenen Gewinnsteuer, also CHF 5000, eingefordert. Auf Stufe von Herrn König wird zudem die Einkommenssteuer auf dem Beteiligungsertrag von CHF 25'000 nacherhoben; in Anwendung des Teilbesteuerungsverfahrens betragen die zu zahlende Nachsteuer sowie die wegen Steuerhinterziehung zu zahlende Busse in Höhe der einfachen hinterzogenen Steuer je CHF 5000. Das kantonale Verrechnungssteueramt1 teilt schliesslich mit, dass eine Rückerstattung der Verrechnungssteuer von CHF 8750 nicht gewährt wird, weil es am Kriterium der form- und fristgerechten Deklaration bei der Einkommenssteuer fehlt.
Das Verlobungsgeschenk von CHF 25'000 für Tochter Prinzessin hat somit bei Herrn König und der Königreich AG Steuerfolgen von über CHF 30'000 ausgelöst, wovon beinahe ein Drittel die Verrechnungssteuer betrifft. Als Fazit kann festgehalten werden, dass aus dem Verlobungsmärchen ein fiskalischer Albtraum wurde, an welchem die Verrechnungssteuer wesentlich beteiligt ist.