Auch wenn statistische Zahlen fehlen, zeigt ein Blick in die betriebliche Praxis, dass viele Arbeitsverhältnisse heutzutage nicht mehr durch die klassische Kündigung einer Vertragspartei aufgelöst werden, sondern dass sich die Vertragspartner auf einen Aufhebungsvertrag einigen. Manche Arbeitgeber haben sich sogar zum Prinzip gemacht, dass sie bei einer sich abzeichnenden Trennung von einem Mitarbeitenden diesem routinemässig zuerst einen Aufhebungsvertrag vorlegen, bevor sie den Weg über die Kündigung beschreiten. Rechtstechnisch erfolgt die Auflösung via Aufhebungsvertrag also nicht mehr durch die Ausübung eines einseitigen Gestaltungsrechts, wie dies bei der Kündigung der Fall wäre, sondern durch Übereinkunft, also genau so, wie der Arbeitsvertrag zu Beginn einmal geschlossen worden ist. Dass dieser Auflösungsmodus zulässig ist, auch wenn er in den arbeitsrechtlichen Bestimmungen des Obligationenrechts (Art. 319 – 362 OR) keinen Niederschlag gefunden hat, ist unumstritten. Es ist dies nichts anderes als ein Anwendungsfall eines ganz fundamentalen Prinzips unserer Rechtsordnung, der allgemeinen Vertragsfreiheit von Art. 19 OR.1 Damit ist auch gesagt, dass die Parteien bei der zeitlichen Festlegung des Beendigungszeitpunkts frei sind. Sie können diesen z.B. auf das Ende der hypothetisch anwendbaren Kündigungsfrist, auf einen beliebig davor liegenden Zeitpunkt oder sogar per sofort festsetzen.
Dass vor allem Arbeitgeber den Aufhebungsvertrag gegenüber der eigenen Kündigung bevorzugen, hat handfeste Gründe: Hat er den Aufhebungsvertrag einmal unter Dach und Fach, drohen dem Arbeitgeber beispielsweise weder krankheitsbedingte Sperrfristerstreckungen (Art. 336c OR) noch Anfechtungen wegen missbräuchlicher Kündigung (Art. 336 OR), um nur zwei solcher Vorteile zu erwähnen.2 Das Bundesgericht hat mehrfach den Grundsatz bestätigt, dass Aufhebungsverträge auch während einer bereits bestehenden Sperrfrist gültig geschlossen werden können, also z.B. während Krankheit oder Schwangerschaft, sofern damit nicht gerade die Umgehung des Kündigungsschutzes (oder anderer zwingender Gesetzesbestimmungen) bezweckt werde.3 Aber auch für Arbeitnehmende kann der Aufhebungsvertrag die bevorzugte Wahl sein, z.B. wenn sie dank einer vorzeitigen Vertragsauflösung ihre Traumstelle antreten können, die ihnen sonst verwehrt bliebe, weil der Aufhebungsvertrag bei der Formulierung der Austrittsmodalitäten im Arbeitszeugnis mehr Spielraum lässt oder, vor allem bei Kadern oder in der Finanzbranche sehr verbreitet, wenn im Aufhebungsvertrag eine Freistellung bis zum Beendigungszeitpunkt bei vollem Lohn vorgesehen wird. Dazu kommt der psychologische Aspekt, dass die Parteien mindestens formal auf Augenhöhe auseinandergehen und so niemand als der Geschasste dasteht. Schliesslich erlaubt es der Aufhebungsvertrag, für beide Parteien Rechtssicherheit zu schaffen, indem in solchen Verträgen in aller Regel nicht nur das Vertragsende fixiert wird, sondern im Sinne einer Gesamtbereinigung gleich alle noch offenen Pendenzen, Rechte und Pflichten bis zum Austritt geregelt werden, inklusive Saldoklausel. Die Parteien wissen so frühzeitig, woran sie sind, während bei der Kündigungsvariante oft noch viele Fragen und Unwägbarkeiten offenbleiben.
So beliebt der Aufhebungsvertrag aus diesen Gründen ist, zeigt ein Blick in die einschlägige Rechtsprechung, dass da und dort Fallstricke lauern, bei deren Nichtbeachtung rechtliche Unbill bis hin zum Totalabsturz droht, d.h. die Nichtigkeit des Aufhebungsvertrags und damit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Dauer. Einige dieser Klippen sollen im Folgenden anhand der neueren Judikatur etwas näher beleuchtet werden.