Wer Personendaten bearbeitet, hatte schon lange1 eine Reihe datenschutzrechtlicher Grundsätze einzuhalten, u.a. die folgenden:2
- Rechtmässigkeit (Art. 4 Abs. 1 DSG)
- Bearbeitung nach Treu und Glauben (Art. 4 Abs. 2 DSG)
- Verhältnismässigkeit (Art. 4 Abs. 2 DSG)
- Erkennbarkeit und Zweckbindung (Art. 4 Abs. 3 und 4 DSG)
- Datenrichtigkeit (Art. 5 DSG)
- Datensicherheit (Art. 7 DSG)
- Beschränkung der Bekanntgabe von Personendaten ins Ausland (Art. 6 DSG).
Der Datenschutz muss also keineswegs neu erfunden werden. Es ist allerdings kein Geheimnis, dass beim Datenschutz ein gewisses Vollzugsdefizit besteht oder bestand,3 in der Schweiz ebenso wie im übrigen Europa.
Die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)4 sieht daher Sanktionen vor, die «wirksam, verhältnismässig und abschreckend» sein sollen (Art. 83 Abs. 1 DSGVO), und begleitet die materiellen Pflichten der Datenverarbeiter mit flankierenden Dokumentations- und Organisationspflichten (Art. 5 Abs. 2 DSGVO, «Rechenschaftspflicht»; aber auch Bestimmungen über den Datenschutzbeauftragten, den EU-Vertreter, die Datenschutz-Folgenabschätzung, den Umgang mit Verletzungen des Schutzes von Personendaten, die Einbindung von Auftragsverarbeitern usw.). Die Schweiz tut es der DSGVO gleich und revidiert derzeit ihr Datenschutzgesetz (DSG).5 Auch wenn sich der Entwurf des DSG (E-DSG) noch in der Beratung befindet,6 darf man annehmen, dass das neue DSG der DSGVO ähnlich sehen wird, wenn auch mit Abstufungen und – so ist zu hoffen – einem wesentlich pragmatischeren Ansatz.7
Im Vordergrund der Debatte steht allerdings weiterhin die DSGVO, die am 25. Mai 2018 in der EU und am 20. Juli 2018 im übrigen EWR8 in Kraft getreten ist: Hier vor allem die extraterritoriale Anwendung der DSGVO9 und die dadurch ausgelösten – und von der Beratungsindustrie genährten – Ängste, vor allem vor hohen Bussen (die bei Unternehmen ohne Niederlassung im EWR allerdings übertrieben sind), vor Abmahnungen aus Deutschland (wobei nur wenige Abmahnungen wegen Verletzungen der DSGVO bekannt sind und offen ist, ob sie überhaupt abmahnfähig sind)10 und vor dem bürokratischen Aufwand bei der Umsetzung der DSGVO. Vor diesem Hintergrund fragt sich zunächst, ob bzw. wann die DSGVO auf Treuhänderinnen und Treuhänder der Schweiz und auf ihre Kunden anwendbar ist.