Einige Beobachter stellen die Nachhaltigkeit des Aufschwungs allerdings infrage. Anlass zur Sorge gibt etwa die Tatsache, dass die Regierungen in den USA und in anderen Ländern der Erholung deutlich nachgeholfen haben. In vielen Industrienationen beruht ein bedeutender Teil des momentanen Wachstums auf staatlichen Konjunkturpaketen. In Kombination mit den hohen Staatsdefiziten in einigen Ländern der Eurozone nährt das die Furcht vor einem «Double Dip», einer neuerlichen Rezession nach einigen positiven Quartalen. Nachdenklich stimmt auch, dass die Investitionen der produzierenden Unternehmen in Maschinen, Geräte oder Geschäftsausstattung nach Wachstumsraten von 6,1 und 3,9 Prozent in den beiden Vorquartalen gemäss Seco wieder rückläufig waren. Stimmungsdämpfend wirkt sich auch der starke Franken aus. Viele exportorientierte Unternehmen müssen schmerzhafte Margeneinbussen hinnehmen.
Allen Zweifeln zum Trotz hat der private Konsum, die wichtigste und verlässlichste Stütze der vergangenen zwei Jahre, auch im ersten Quartal um 0,5 Prozent zugelegt. Ein Grund dafür ist mitunter die erfreuliche Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Dieser hat sich rascher als erwartet stabilisiert. Ökonomen erwarten für 2010 noch eine durchschnittliche Arbeitslosenquote von 4,2 statt 4,8 Prozent. Hinzu kommt, dass die Schweiz nach wie vor von der Zuwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte aufgrund der Personenfreizügigkeit mit der EU profitiert. Immigration führt zu einer Zunahme des Gesamtkonsums, die überproportional ausfallen kann, wenn es sich bei den Zuwanderern um gut ausgebildete Spezialisten handelt.
Der momentane Aufschwung markiert den Beginn eines neuen Konjunkturzyklus mit steigender Auslastung und zunehmender Produktion. Frühzyklische Branchen wie Elektronik oder Chemie am Anfang der Wertschöpfungskette spüren die anziehende Nachfrage schon zu Beginn deutlich, spätzyklische Branchen wie der Maschinenbau in der Regel etwas später. Auch bemerkt nicht jede Branche den gleichen Grad von Zyklizität: Die Nahrungsmittelindustrie, die eine relativ konstante Nachfrage verzeichnet, durchläuft ähnlich wie der Detailhandel oder die Dienstleistungen des Gesundheitswesens eine relativ flache Kurve. Nichtsdestotrotz ist aus konjunktureller Optik jetzt für viele Firmen der Zeitpunkt gekommen, sich Gedanken über Investitionen, Kapazitätsanpassungen, Personalentscheide oder Marketingmassnahmen zu machen (siehe Abbildung 1).