Bekanntlich handeln erwachsene Personen grundsätzlich selbständig, indem sie ihre persönlichen Angelegenheiten selber besorgen (können). Das Personenrecht – das im Zivilgesetzbuch geregelt ist (Art. 11 ff. ZGB) – bestimmt, unter welchen Voraussetzungen eine Person (voll) handlungs- und damit auch geschäftsfähig (inklusive vertragsfähig) ist. Demnach müssen zwei Bedingungen kumulativ vorliegen (Art. 13 ZGB):
- Volljährigkeit (Art. 14 ZGB) und
- Urteilsfähigkeit (Art. 16 ZGB).
Ausnahmsweise kann jedoch die Fähigkeit, selbständig sowie selbstbestimmt zu handeln, durch gewisse Schwächezustände beeinträchtigt werden. Das Erwachsenenschutzrecht benennt als Schwächezustand etwa eine geistige Behinderung oder eine psychische Störung (Art. 390 Ziff. 1 ZGB). Letztere umfasst auch Suchterkrankungen. Ein solcher in der Person liegender Schwächezustand kann dazu führen, dass eine volljährige Person ihre Angelegenheiten nur teilweise oder gar nicht besorgen kann, womit unter Umständen eine Hilfs- bzw. Schutzbedürftigkeit ausgelöst wird. Das Erwachsenenschutzrecht hat in diesem Zusammenhang die Aufgabe, behebend, ausgleichend oder mildernd einzugreifen. Des Weiteren kann sich gerade etwa bei Urteilsunfähigkeit eines erwachsenen Menschen die Frage stellen, wer ihn (gesetzlich) vertreten kann. Die durch die KESB angeordneten Massnahmen haben zum Zweck, das Wohl und den Schutz einer hilfsbedürftigen Person sicherzustellen (Art. 388 Abs. 1 ZGB). Dabei soll jedoch die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich erhalten und gefördert werden (Art. 388 Abs. 2 ZGB). Da die behördlichen Massnahmen Eingriffe in die persönliche Freiheit einer Person und damit Grundrechtseingriffe darstellen (Art. 10 BV), muss die Erwachsenenschutzbehörde zudem das sogenannte Subsidiaritätsprinzip beachten (Art. 10 i.V.m. Art. 36 BV und Art. 389 ZGB). Das bedeutet, dass die staatliche Behörde nur dann eine Erwachsenenschutzmassnahme anordnet, wenn (Art. 389 ZGB)
- die Unterstützung der hilfsbedürftigen Person durch die Familie, andere nahestehende Personen oder von vornherein als ungenügend erscheint;
- bei Urteilsunfähigkeit der hilfsbedürftigen Person keine oder keine ausreichende eigene Vorsorge – mittels Vorsorgeauftrag bzw. Patientenverfügung – getroffen worden ist und die Massnahmen von Gesetzes wegen (etwa das gesetzliche Vertretungsrecht des Ehegatten oder bei medizinischen Massnahmen; vgl. Art. 374 ff. ZGB) nicht genügen.
Schliesslich muss jede behördliche Erwachsenenschutzmassnahme selbstverständlich auch verhältnismässig sein (Art. 5 und 36 BV und Art. 389 ZGB).
Wird etwa ein Treuhänder durch die KESB als Vermögensbeistand eingesetzt, so stellt sich für ihn zwangsläufig die Frage, welche Aufgaben er genau wahrzunehmen hat und an welche gesetzlichen Vorgaben er sich halten muss. Dabei geht es im Einzelnen um Fragestellungen wie etwa:
- Dürfen die Wohnräume der betroffenen Person einfach betreten werden?
- Darf deren Post geöffnet werden?
- Wie steht es um deren Handlungsfähigkeit? Können gewisse Angelegenheiten nach wie vor von ihr selbst wahrgenommen werden, und wenn ja, welche sind es?
- Gibt es Geschäfte, bei denen sie zwingend die Zustimmung der KESB benötigen?
- Gibt es gar verbotene Geschäfte?
- Welche allgemeinen und besonderen Rechte und Pflichten gilt es zu beachten?
Für die dabei involvierten Banken, die Postfinance und die Versicherungen stellen sich im Zusammenhang mit dem Erwachsenenschutzrecht demgegenüber namentlich die folgenden Fragen:
- Wann dürfen sie überhaupt bei der KESB eine Gefährdungsmeldung machen, wenn sie von einer hilfsbedürftigen Person Kenntnis erlangen? Wann steht dem allenfalls das Bankkundengeheimnis (Berufsgeheimnis) entgegen?
- Wann haben sie also ein Melderecht und wann keines?
- Wann haben sie gar eine Meldepflicht?
- Wie können sie sich gegen eine nicht ordnungsgemässe Mandatsführung eines Beistands zur Wehr setzen? Gibt es in diesem Zusammenhang ein Melderecht?
- Wie kann man sich gegen eine nicht ordnungsgemässe Vertretung eines Betroffenen durch seinen Ehegatten oder eingetragenen Partner wehren? Wie gegen einen Vorsorgebeauftragten, der den Auftrag nicht richtig ausführt? Gibt es in diesem Zusammenhang ein Antragsrecht?
- Hat die KESB ein jederzeitiges und umfassendes direktes Auskunftsrecht?
Diesen Fragen soll nachstehend nachgegangen werden, indem zuerst auf die Vermögensbeistandschaft näher eingegangen wird (Punkt 2.), danach soll anschliessend das Auskunftsrecht der KESB einer kritischen Würdigung unterzogen werden (Punkt 3.) und schliesslich werden die einzelnen Melderechte und Meldepflichten sowie die Anzeigerechte erörtert (Punkt 4.).